Der Floßgraben in Cämmerswalde
Im 16. Jhd. boomte der Bergbau im Freiberger Revier. Das Berg- und Hüttenwesen verschlang riesige Mengen an Holz. Und so schrumpften die sächsischen Wälder zusehens. Zu Beginn des 17. Jhd. war das sächsiche Osterzgebirge schliesslich nahezu komplett abgeholzt. Aber im böhmischen Teil gab es noch riesige Wälder. Daher kaufe der sächsische Kurfürst Johann Georg I. vom böhmischen Grafen Georg von Lobkowitz auf Bilin Holz. Dieser hatte bereits 1592 am Oberlauf der Flöha den Ort Georgendorf als Niederlassung der Holzfäller gegründet.
Das Holz musste also von Georgendorf nach Freiberg transportiert werden. Am kostengünstigsten war der Transport auf dem Wasserweg. Doch die Flöha fließt nicht in Richtung Freiberg, sondern in die 25km östlich liegende Stadt Flöha. Das nach Freiberg fliessende Flüßchen Freiberger Mulda ist von Georgendorf jedoch nur durch einen Bergrücken getrennt. Daher baute man von 1624 bis 1629 einen Floßgraben.
Dieser beginnt in Fleyh (heute Talsperre Fleyh) in 696m ü. NN. und führt an der rechten Talseite nach Georgendorf. Hier muss der Floßgraben der Rauschenbach talaufwärts folgen, bis etwa 1km vor Oberholzhau die andere Talseite erreicht wird. Nun gilt es, die Wasserscheide von Flöha und Freiberger Mulde zu überwinden. Im Cämmerswalde führt der Floßgraben durch dessen höchstgelegenen Ortsteil Halbe Metze und hat damit schon 80m gegenüber der Flöha gewonnen.
Unweit des 708m hohen Steinberg, keinen Kilometer von Cämemrswalde entfernt, wird schließlich die Wasserscheide überschritten. Ab hier wird das Bachbett der Rachel genutzt, die sich wenige Jahre vorher (1622) durch einen sinnflutartigen Wolkenbruch tief ins Gelände eingegraben hatte. Die Rachel fließt durch Clausnitz und mündet nach insgesamt 18km in 618m Höhe in die Freiberger Mulde. Das Holz konnte also ab 1629 auf dem 2,5 - 4m breiten Neugrabenflöß geflösst werden.
Zum Flössern wurden die Bewohner der umliegenden Dörfer angeheuert. Es wurden in Spitzenzeiten bis zu 2000 Schragen, also 17.170 Raummeter pro Jahr geflösst. Das sind 6,5 Mio Tonnen Holz/Jahr, bzw. ca. 20t/Werktag. Heutiger Wert: mindestens 250.000 Euro! Die Flößerei wurde auf dem Cämmerswalder Neugrabenflöß noch bis 1874 betrieben. Sie wurde nicht mehr benötigt, da zum einen der Freiberger Bergbau zum Erliegen kam und zum anderen, weil das Holz durch den leistungsfähigeren Brennstoff Kohle ersetzt wurde. Diese kam auch aus Böhmen, genauer: aus dem Nordböhmischen Becken. Transportiert wurde sie mit dem neuen Transportmittel: Eisenbahn.